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Können wir uns Gelassenheit leisten?

Die Ärmel hochzukrempeln wird nicht reichen angesichts aktueller und zukünftiger Aufgaben. Ist das der richtige Zeitpunkt, unser Verhältnis zu Stress & Co zu überdenken?


Dass uns als Gesellschaft große Herausforderungen bevorstehen, daran zweifelt kaum mehr jemand. Und erstmals in der (bekannten) Geschichte der Menschheit ist an dieser Stelle mit Gesellschaft nicht nur das lokale oder nationale Umfeld gemeint, sondern vielmehr die Weltgemeinschaft. Denn die Klimakrise und die damit einhergehenden gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen kennen keine Grenzen.

In Folge neu ist auch der Verantwortungsbereich des Einzelnen: Verantworten kann ich meinen eigene Einflussbereich. Welcher - abhängig von den individuell verfügbaren Ressourcen wie finanziellen Mitteln, gesellschaftlicher Stellung usw- in jedem Fall und zu jedem Zeitpunkt das eigene Verhalten ist, das Ausdruck findet in Haltung, Entscheidungen und Kommunikation.



Was zählt mein Verhalten angesichts der auf uns zurollenden Katastrophen, mögen Sie sich fragen.

Viel, darf ich antworten:



What happens in your brain, happens in your team. (CC)

( gerne ersetzen Sie in meinem Zitat Team mit Umfeld, Familie, Freundeskreis, Partei,…)



Warum zählt mein persönliches Verhalten und was ist die Konsequenz?


Unser Gehirn ist ein soziales Produkt und es sind die Neurowissenschaften, die nicht nur belegen sondern auch bildlich darstellen: Emotionen sind ansteckend.


Ein spannendes Experiment dazu:

Im Versuchsaufbau liess man Menschen schweigend hintereinander gehen, gut verdrahtet mit Elektroden, sodass ihre Gehirnströme aufgezeichnet werden konnten. Die erste Person in der Reihe bekam die Instruktion, negative, ängstliche, bedrückende Gefühle zu produzieren (nicht schwierig, richtig? Belastende Szenarien sind leicht zu erinnern…). Die Forscher konnten hervorragend beobachten, wie sich die Gefühle in den Hirnströmen abbilden. Gradezu schockierend jedoch die Beobachtung, wie sich eben diese „schlechten“ Gefühle auch in den Gehirnen der anderen Versuchsteilnehmer zeigen, und zwar ohne verbalen Austausch und - das war eine neue, bahnbrechende Erkenntnis: Ohne, dass Mimik und Gestik des Gegenübers im Sichtfeld lagen.


Die Frage nach dem Warum ist somit beantwortet - unsere Gedanken und Gefühle beeinflussen direkt unsere Umgebung.

BTW Interessant an dieser Stelle: Das Bemühen, Gefühle zu verbergen - sei es durch künstliche Positivität, Ignoranz oder Leugnen verbessert die Situation nicht, denn beim Gegenüber kommen nun verwirrende Signale an mit der Botschaft: Dieser Person vertraust Du besser nicht. (Tipp: Hier können Sie sich gerne auf Ihr Bauchgefühl verlassen!)



Was bedeuten diese Forschungserkenntnisse für unsere aktuelle Situation?


Wer gestresst ist, stolpert leichter!


Diese Volksweisheit gilt leider auch für strategische Entscheidungen, soziale Kompetenzen und Impulskontrolle. Diese und weitere höhere Funktionen sind nicht oder nur sehr eingeschränkt zugänglich unter Angst und Druck (sprich: Stress).


Doch genau diese Funktionen brauchen wir heute. Schon ohne Krisenszenarien fällt es dem menschlichen Gehirn in seinem Steinzeitdesign nicht leicht, sich im 21. Jhdt. zu orientieren und bestmöglich zu überleben. Das allgegenwärtige Stresserleben kann dabei als Ausdruck des überhitzen Hirns verstanden - und beantwortet - werden.



Der Zustand, in dem unser Gehirn Höchstleistungen erbringen kann ist die wache Gelassenheit. Nicht zu verwechseln mit Coolness oder Trägheit.


Wollen wir also heute mit der Hoffnung und Perspektive auf eine lebenswerte Zukunft gute Entscheidungen treffen, Energien mobilisieren und kluge Veränderungen anstoßen, dann bleibt uns schlicht nichts anderes übrig, als wach und gelassen zu sein. Das ist es, was Menschen trainieren, wenn sie ihre Resilienz stärken, meditieren und sich in Achtsamkeit üben.

Moral und Ethik, Werte und Ziele mögen sich ändern, was bleibt ist die biologische Aussattung des Systems Mensch.


Vor dem Hintergrund glasklarer wissenschaftlicher Erkenntnisse sprechen damit vorallem zwei Argumente für Gelassenheit:


  1. Gefühle sind ansteckend.

  2. Der Zugriff auf höhere Hirnfunktionen, die wir für Innovation, Lösungsfindung und Veränderungen brauchen ist neurobiologisch nicht oder nur stark eingeschränkt möglich.


Können wir uns Gelassenheit leisten? Die Frage scheint vielmehr zu sein: Können wir es uns leisten nicht gelassen, sprich: gestresst, zu sein? Wache Gelassenheit ist für eine gesunde, leistungsfähige Hirnfunktion alternativlos, sie zu entwickeln und zu stärken soziale und Führungs- Verantwortung und mit zunehmender Wahrscheinlichkeit eine Frage unserer Überlebenschancen als Individuum und Gesellschaft.


 
Corinna Cremer, Dozentin und Vordenkerin für Krisengesundheit.
"Krisen sind besser als ihr Ruf und Vorbereitung lohnt sich. Weil wir Ausnahmesituationen selten verhindern können, anders als ihre Folgen. Erfahrungen und Erlebnisse aus 3 Jahrzehnten in der Begleitung von Mensch und Unternehmen in Herausforderungen teile ich in der Kolumne gerührt & geschüttelt." www.corinnacremer.com


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